Von der Ohnmacht zum gewaltfreien Handeln
Ein Blogartikel von Frits Koster
Meine Partnerin und ich wandern regelmäßig eine Etappe auf dem wunderschönen Wanderweg „Roots Nature“, der vom Norden der Niederlande bis an die belgische Südgrenze verläuft. Diese Woche kamen wir am Lager Westerbork vorbei, einem Durchgangslager, von dem aus während des Zweiten Weltkriegs mehr als 100.000 Juden, Sinti und Roma mit Zügen in die Vernichtungslager in Deutschland und Polen deportiert wurden.
Es ist tragisch zu sehen, wie wenig wir als Menschheit daraus gelernt haben, denn heute (85 Jahre später) findet in Gaza wieder eine erschütternde Form menschlicher Gewalt und menschlichen Leidens statt. Der Internationale Strafgerichtshof hat entschieden, dass die israelische Regierung „sofortige und wirksame Maßnahmen“ ergreifen muss, um die Palästinenser in Gaza vor der Gefahr eines Völkermordes zu schützen und angemessene humanitäre Hilfe und Grundversorgung zu gewährleisten.
Doch Israel hat nicht einmal das Nötigste getan, um dem Urteil nachzukommen, wie Amnesty International am 27. Februar 2025 feststellte.
Westliche Länder (darunter auch die Niederlande) schweigen und stellen sich weiterhin hinter Israel. Gegenstimmen werden nicht gehört und klare Anzeichen von Völkermord nicht (an)erkannt. Natürlich gibt es keine Entschuldigung für den grausamen Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023, aber die Operation der israelischen Regierung mit der Absicht, alle Hamas-Kämpfer im Gazastreifen zu eliminieren, scheint völlig außer Kontrolle geraten zu sein.
Wir schreiben gerade an einem Buch über Vergebung und sind dabei auf die Arbeit von Martha Nussbaum gestoßen, Philosophin und Autorin u.a. des 2017 erschienenen Buches „Zorn und Vergebung – Plädoyer für eine Kultur der Gelassenheit“. Sie beschreibt einen Weg, Ungerechtigkeit zu begegnen, ohne in der zerstörerischen Kraft des Zorns stecken zu bleiben. Statt nach Vergeltung zu streben oder im Groll zu verharren, sollten wir konstruktive Schritte der Wiederherstellung, der Gerechtigkeit und der Verbundenheit gehen.
Lasst uns deshalb nicht schweigen, sondern unsere Stimme gegen dieses humanitäre Unrecht erheben, zum Beispiel in den sozialen Medien, durch Petitionen oder friedliche Proteste. Mit diesem Schreiben appelliere ich daher eindringlich an alle beteiligten Parteien, die Anwendung von Gewalt unverzüglich einzustellen. Ein erneuter Waffenstillstand wird nicht nur für alle Menschen, die jetzt in der Hölle leben, gut sein. Er wird auch mehr Raum schaffen, um in Zukunft durch Konsultationen und Verhandlungen eine Form des friedlichen Zusammenlebens zu finden.
Und lasst uns weiterhin Organisationen wie UNRWA, das Rote Kreuz und Care unterstützen, die humanitäre Hilfe in Gaza leisten. Auf diese Weise können wir von Wut, Empörung und hilflosem Zuschauen zum mutigen gewaltfreien Handeln kommen.
Frits Koster, 17. März 2025